Archäologien an der JGU

Fachrichtungen und Arbeitsbereiche an der Universität Mainz

Die Universität Mainz bietet unter den deutschen Hochschulen ein ungewöhnliches dichtes Lehr- und Forschungsangebot auf dem Feld der Archäologien. Der gesamte Bereich von den ersten Zeugnissen der Menschheit über die Hochkulturen des Vorderen Orients und der Mittelmeerwelt, die prähistorischen Kulturen Europas bis hin zur Spätantike und dem frühen Mittelalter sind mit eigenen Fachrichtungen und Instituten oder Abteilungen vertreten.

Klassische Archäologie

Kerngegenstand der Klassischen Archäologie ist die materielle Kultur der griechischen und römischen Welt in der Antike. Der zeitliche Rahmen reicht von der frühen Hochkultur der minoisch-mykenischen Welt im 2. Jahrtausend v. Chr. bis zur Spätantike, historisch gesprochen bis zur Etablierung des Christentums und zum Untergang des Weströmischen Reiches. Was den geographischen Raum betrifft, stehen die von Griechen und Römern dauerhaft besiedelten Gebiete im Vordergrund, neben Griechenland und Italien selbst mithin fast der gesamte Anrainerbereich des Mittelmeers und weite Teile des ausgedehnten Römischen Reiches. Grundlage für die archäologische Arbeit in Forschung und Lehre ist neben den im Zentrum stehenden materiellen Hinterlassenschaften auch der umfangreiche Bestand an schriftlichen Quellen (Geschichtsschreibung, Dichtung, Inschriften). Die traditionelle Ausrichtung des Faches auf im weiteren Sinne kunstgeschichtliche Fragen mit den Teilgebieten Architektur, Malerei und Skulptur weicht in jüngerer Zeit einer Positionierung als einer breitgefächerten kulturgeschichtlichen Disziplin, die sich sämtlichen Aspekten der Konstituierung des menschlichen Lebensraumes in der klassischen Antike zuwendet (Städtebau, Akkulturationsprozesse, Zusammenhang von Religion und Identität, Meinungslenkung durch Bilder u.v.a.m.). Durch diese Öffnung der Klassischen Archäologie gegenüber einem weiten Kreis von Fragestellungen aus den modernen Sozialwissenschaften gewinnt das Fach neue Aktualität.

Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie

Vor- und Frühgeschichte ist eine archäologische Disziplin mit (kultur-)historischen Forschungszielen. Archäologie ist sie, weil ihr Quellenmaterial in der Regel dinglicher Natur ist - materielle Relikte (Fundmaterial) aus frühen Menschheitsepochen und archäologische Denkmäler (z.B. Baubefunde, Grabanlagen). Die systematische Ausgrabung ist die beste Methode, um solche Quellen zu erschließen. Das historische Forschungsziel besteht darin, Erkenntnisse über die Geschichte des Menschen zu gewinnen. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich von der Menschwerdung bis in das Mittelalter.
Die Vorgeschichte erforscht die frühesten Abschnitte der Menschheitsgeschichte. Sie umfasst den Zeitraum, der mit dem ersten Auftreten des Menschen in der Eiszeit beginnt, sich über die Altsteinzeit in Europa mit ihren Jägerkulturen und die bäuerlichen Kulturen der Jungsteinzeit erstreckt und mit den metallzeitlichen Kulturen (Bronze- und Eisenzeit) endet. Da für diese Zeitspanne keine (eigene) schriftliche Überlieferung vorliegt - nur für den Bereich der Metallzeiten liegen griechische und lateinische schriftliche Zeugnisse vor -, stellen die archäologischen Funde die wesentliche und für die frühesten Menschheitsepochen die einzige historisch auswertbare Quellengattung dar.
Die Frühgeschichte erforscht jene Epochen, für die auch eigene Schriftquellen vorliegen. Das gilt in Mittel- und Westeuropa für die Zeit seit Christi Geburt. Provinzialrömische Archäologie, Frühmittelalterarchäologie und Archäologie des Mittelalters werden im Rahmen der Frühgeschichte behandelt. Die Schwerpunkte des Arbeitsbereichs Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (innerhalb des Instituts für Altertumswissenschaften der JGU) liegen, räumlich gesehen, in Mittel-, West- und Nordeuropa und hier besonders auf der Altsteinzeit, den Metallzeiten (Bronze- und Eisenzeit) und der Römerzeit.

Vorderasiatische Archäologie

Die Vorderasiatische Archäologie ist die Wissenschaft der materiellen Hinterlassenschaft des Alten Vorderen Orients; dazu zählen die Gebiete Mesopotamien (Irak), Westiran, Kleinasien und Syrien (auch Libanon und Jordanien). Die Vorderasiatische Archäologie setzt ein mit den frühesten Besiedlungen im Neolithikum (8. Jahrtausend v. Chr.) und endet mit dem 1. Jahrtaused v. Chr. Untersuchungsgebiet der Vorderasiatischen Archäologie sind Landeskunde, Stadtanlagen mit ihrer Architektur (Tempel, Paläste, Wohnhäuser und ihre Ausstattung), Gräbern und technischen Anlagen, sowie das gesamte Fundmaterial (von einfachsten Gebrauchsgegenständen bis zu königlichen Denkmälern). Die Interpretation der Befunde und Funde setzt Grundkenntnisse der Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft und der Religion des Alten Vorderen Orients voraus.

Biblische Archäologie

Die Biblische Archäologie ist im deutschsprachigen Raum traditionell mit der Theologie verbunden und stellt einen Forschungsschwerpunkt insbesondere innerhalb der alttestamentlichen Forschung dar. Methodisch ist sie eine rein archäologisch ausgerichtete Disziplin der Vor- und Frühgeschichte, die sich mit der Levante, insbesondere der südlichen Levante (heutige Länder südliches Syrien, Libanon, Israel, Palästina, Jordanien, Sinaihalbinsel) beschäftigt. Der Zeitrahmen beginnt mit dem Neolithikum und endet meist mit der hellenisti¬schen Kultur. Die enge Beziehung zur Theologie ist zumindest teilweise sinnvoll, weil die biblischen Texte noch immer die wichtigste Textbasis für die Rekonstruktion der Antike bilden. Um diese Texte in ihrer historischen Relevanz richtig einschätzen zu können, ist ein fundiertes methodisches Wissen im Umgang mit biblischen Texten nötig. Biblische Archäologie ist somit ein interdisziplinäres Fach, das einerseits methodisch vornehmlich in der Vor- und Frühgeschichte fußt und andererseits Ergebnisse der Exegese und Geschichtswissenschaft sowie der archäologischen und historischen Nachbardisziplinen zur angemessenen Interpretation der Funde und Befunde mit einbringt.

Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte

Der zeitliche Rahmen der Fachrichtung "Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte" reicht etwa vom 3. bis zum 15. Jahrhundert, umfasst also die Spätantike und ihre Fortsetzung durch die Epoche byzantinischer Herrschaft in der oströmischen Reichshälfte. Für den neuen Studiengang gilt als Schwerpunkt die Spätantike und die frühbyzantinische Zeit. Es ist die Epoche, in der durch politische und religiöse Umbrüche die römische Kaiserzeit mit ihrem Zentrum Rom zuende geht und mit Konstantinopel eine neue Macht im Osten entsteht, die nach größter Ausdehnung und Blüte im 6. Jahrhundert im 7. einen dramatischen Niedergang erfährt. Geographisch betrifft das alle Zentren und Provinzen des spätrömischen Reiches und in der Folge vornehmlich den östlichen Mittelmeerraum. Entsprechend dem wachsenden und dann dominierenden Einfluss des Christentums in allen Bereichen des Lebens liegt dabei ein Schwerpunkt auf der Entstehung und Entwicklung christlicher Kunst. Darüber hinaus sind Topographie, Städtebau, alle Gattungen der Architektur, der bildenden and angewandten Kunst aber auch alle sonstigen Zeugnisse materieller Hinterlassenschaft, wie Gebrauchsgüter, Gegenstand der Beschäftigung mit allen Perspektiven und Fragestellungen, wie sie etwa auch in der Klassischen Archäologie aktuell sind.

DIE ARBEITSBEREICHE

Klassische Archäologie (Fachbereich 07)
Ort: Philosophicum, Raum 03-613
Sekretariat: Heike Hollenberger, Tel. 39-22753

Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (Fachbereich 07)
Ort: Schönborner Hof, Schillerstr. 11
Sekretariat: Dr. Annette Bieger, Tel. 39-30009

Vorderasiatische Archäologie (Fachbereich 07)
Ort: Aareongebäude, Hegelstr. 59
Sekretariat: Ruth Kreis-Thies, Tel. 39-38337

Biblische Archäologie (Fachbereich 01)
Ort: Forum Universitatis, Eingang 2
Sekretariat: Dr. Katja Weiß, Tel. 39-22685

Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte (Fachbereich 07)
Ort: Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft, Abt. Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, Georg-Forster-Gebäude (Campus), Jakob-Welder-Weg 12
Sekretariat: Sekretariat des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft